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True Crime im Körper: Wie funktionieren Krebsimpfungen?

Von 27. April 2022August 18th, 2023Allgemein, Consulting

Als die Corona-Pandemie ausbrach, konnte dank einer neuen Technologie schnell ein Impfstoff gefunden werden. Mit Publikation der Genomsequenz des Virus hatte Ugur Sahin bereits alles was er brauchte, um den nun bekanntesten Impfstoff gegen das Spikeprotein von SARS-CoV-2 herzustellen.1 Doch Sahin hat nie an Coronaviren geforscht. Sein Ziel war es, mithilfe eines mRNA-Impfstoffs Krebs zu behandeln.2 Corona? Krebs? Wo ist da der Zusammenhang?

Fahndungsbilder im Körper

Ganz vereinfacht gesagt sind Impfungen Fahndungsbilder für unsere Immunpolizei. Im übertragenen Sinn nutzen konventionelle Impfstoffe dafür liebevoll handgezeichnete Portraits, die sie unserem Körper per Post schicken. Impfstoffe auf Basis von mRNA sorgen metaphorisch für die langersehnte Digitalisierung der Medizin: statt dem Körper das fertige Bild zu schicken, nutzen sie einen Code, der erst in unseren Zellen zu einem Fahndungsbild zusammengesetzt wird. Schwierige und langwierige Arbeitsschritte werden also an unseren Körper delegiert. Damit sind mRNA-Impfstoffe flexibel und leicht anzupassen. Kein Wunder also, dass sich solche Impfungen für sich schnell verändernde Krebszellen eignen.

Präventive Krebsimpfungen

Bei Krebsimpfungen denken viele vermutlich an präventive Impfungen. So wird die Impfung gegen das humane Papillomavirus (HPV) oft als „Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs“ bezeichnet. Dies ist jedoch nicht ganz richtig. Die Impfung verhindert Infektionen mit HPV, die verschiedene Körperbereiche befallen (Gebärmutterhals, Vagina, After, Penis, Vulva, Haut, Mund und Rachen).3 Die Infektion mit HPV kann die Entstehung von Krebs im befallenen Gewebe begünstigen. Somit schützt die HPV-Impfung indirekt vor Gebärmutterhalskrebs sowie Krebs anderer befallener Organe.

Krebs: Zellen undercover

Doch nicht alle Krebsarten werden durch Infektionen ausgelöst.4 Wo können Krebsimpfungen also ansetzen? Unsere Immunabwehr ist immer auf der Pirsch und vernichtet alles, was sich verdächtig verhält. Während unser Körper Viren, Bakterien und Parasiten schnell als fremd erkennt und bekämpft, hat er es bei Krebszellen nicht so leicht:5 Denn eine der wichtigsten Überlebensstrategien von Krebszellen ist, das Immunsystem zu überlisten. Einerseits sehen sie gesunden Körperzellen oft sehr ähnlich. Andererseits senden sie Signale aus, die das Immunsystem unterdrücken.

Das Ziel von Krebsimpfungen ist vor allem eines: Eine bereits bestehende Krebserkrankung zu behandeln, indem das Immunsystem wieder auf die kranken Körperzellen aufmerksam gemacht wird.2

Das Finden ist einfach, nur das Suchen ist schwer

Damit eine Krebsimpfung funktioniert, benötigt sie vor allem: ein gutes Fahndungsbild. Es darf gesunden Zellen nicht zu sehr ähneln, sonst könnte das Immunsystem versehentlich die falschen angreifen. Fahndungsbilder, die für mehrere Krebspatientinnen und Krebspatienten passen, sind rar gesät. Krebs ist nämlich nicht gleich Krebs. Jede Person mit Krebs hat Tumoren mit einem ganz spezifischen Aussehen, das sich von Tumoren anderer erkrankter Menschen unterscheidet. Dafür sind sogenannte Neoantigene verantwortlich, also neuentstandene Erkennungsmerkmale der Tumoren. Diese entstehen durch zufällige und häufige Mutation der Krebszellen.6

Erste Erfolge, aber kein Wundermittel

Krebsimpfungen auf mRNA-Basis sind das ideale Werkzeug, um diese Neoantigene nachzuahmen, denn sie sind schnell anpassbar. Durch Untersuchung des Tumors kann der Bauplan des Neoantigens bestimmt und der Impfstoff hergestellt werden. Bei dieser personalisierten Therapie bekommen alle Patientinnen und Patienten einen speziell für sie maßgeschneiderten Impfstoff.
Weltweit laufen bereits einige Studien, die die Wirksamkeit von Krebsimpfungen untersuchen, häufig in Kombination mit Chemotherapie oder anderen bereits etablierten Medikamenten. Und sie geben Hoffnung: in mehreren Studien konnte eine Immunantwort der Patientinnen und Patienten festgestellt werden.7
Ob sich die Impfstoffe auch in den wichtigen Phase-III-Studien behaupten können, muss zwar noch abgewartet werden, doch eins ist klar: Die mit der Corona-Impfung gesammelten positiven Erfahrungen haben den Krebsimpfungen einen wichtigen Schub gegeben.8

1Online unter: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/biontech-will-in-zwei-jahren-impfstoffe-gegen-krebs-herstellen-17661864.html Abgerufen am 13.4.2022
2Sahin U, Türeci Ö. Personalized vaccines for cancer immunotherapy. Science. 2018;359(6382):1355-1360.
3Online unter: https://www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/humane-papillomviren-hpv/ Abgerufen am 13.4.2022
4Zella D, Gallo RC. Viruses and Bacteria Associated with Cancer: An Overview. Viruses. 2021; 13(6):1039. doi: 10.3390/v13061039. PMID: 34072757; PMCID: PMC8226504.
5Teng MW, et al. From mice to humans: developments in cancer immunoediting. J Clin Invest. 2015;125(9):3338-3346.
6Guo Y et al. Neoantigen Vaccine Delivery for Personalized Anticancer Immunotherapy. Front Immunol. 2018;9:1499.
7Miao, Lei et al. “mRNA vaccine for cancer immunotherapy.” Molecular cancer. 2021; 20(1):41.
8Online unter: https://www.deutschlandfunk.de/mrna-als-neues-konzept-der-medizin-es-beginnt-mit-einer-100.html Abgerufen am 21.4.2022

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Dr. Anna Müllner
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